Donnerstag, 12. Juni 2014 – Freitag, 13. Juni 2014
Morgens ist der Himmel leicht bedeckt, die Temperaturen scheinen sich wieder bei nor-maleren Werten einzupendeln. Bevor wir Zittau verlassen, sehen wir uns den versteinerten Stubben eines 25 Millionen Jahre alten Urweltmammutbaums an, der in den 1930er Jahren in der Nähe gefunden wurde. Heute steht er eingehaust vor dem Christian Weise-Gymnasium und kann täglich von vielen Schülern gesehen werden.
Zum Abschluss unseres Besuches machen wir einen Abstecher hinunter an die Neiße zum Dreiländerpunkt, wo Deutschland, Polen und Tschechien aneinandergrenzen; die Europafahne als verbindendes Element scheint etwas verloren zu wehen an dieser Stelle Niemandsland.
Entlang der Neiße setzen wir unseren Weg fort. Es ist einfach zu radeln, denn es geht jetzt nur noch in Fließrichtung, also bergab. Links des Wegs stehen in gewissen Abständen Pfosten mit schwarz-rot-goldenen Streifen, am anderen Ufer sind die Pfosten rot-weiß gestreift.
Kurz vor Kloster Marienthal, einer ehemals bedeutenden Zisterzienserabtei, halten wir für ein Mittagspicknick an einem Neißebogen. Das Wasser fließt braun und dunkel vorbei, was wahrscheinlich vom Braunkohleabbau auf der polnischen Seite herrührt. Kauend beobachten wir eine Haubenente, die ihre sechs Küken spazieren führt und ihnen dabei das Tauchen und Insekten jagen beibringt. Die Tierchen schwimmen dicht beisammen und scheinen die An-weisungen ihrer Mutter aufmerksam zu befolgen. Das sieht nett aus. Später kommen wir an einem Getreidefeld vorbei, das schon von weitem kräftig blau leuchtet: Kornblumen in solcher Üppigkeit habe ich das noch nie gesehen!
Die Suche nach einer Unterkunft in Görlitz gestaltet sich kompliziert; nach mehreren telefonischen Absagen wird uns klar, dass es eigentlich ein Schildbürgerstreich war, die Rückfahrkarte zu kaufen, ohne gleichzeitig ein Zimmer zu reservieren. Aber wir haben Glück!
In der Obermühle Görlitz, direkt am Radweg gelegen, bekommen wir für eine Nacht eine Art Notquartier in einer mehrere Zimmer umfassenden Wohnung, die zunächst stark nach Mottenpulver riecht. Eigentlich hatte ich mir ein gemütliches Hotel vorgesellt, aber wir müssen nehmen, was uns angeboten wird. Also öffne ich alle Fenster des Schlafraumes und hoffe auf frische Luft für die Nacht.
Die Inhaberin der Mühle braut ihr Bier selbst; wir probieren im nachmittäglichen Sonnenschein das dunkle „Ghost“. Von der Terrasse blicken wir auf den Grenzfluss, das gegenüberliegende Ufer gehört bereits zu Polen.
Das kulinarische Angebot des Hauses, das sich der Slow Food-Bewegung angeschlossen hat, ist wirklich hervorragend. Nach einem sehr guten Abendessen rauscht uns die Neiße in den Schlaf.