Montag, 20. Mai 2013
An der Salzach vor Tittmoning
Stilvoll knüpfen wir bei Beginn der ersten Etappe an den Abschluss vom letzten Jahr an: Im Café Tomaselli gönnen wir uns einen Einspänner mit Schlagobers, Werner nascht dazu ein Stück Sachertorte, und Mozartkugeln von Fürst als kleiner Reiseproviant gehören dann auch in die Satteltasche.
Nun aber aufs Rad!
Bei klarem, sonnigem Wetter radeln wir 46 Kilometer entlang der Salzach, die zunächst recht schnell dahin fließt. An unserer Picknick-Stelle können wir mittags zahlreiche Schwarzkopfmöwen beobachten, die hier auffällig dicht am österreichischen Ufer bei der Nahrungssuche nach Insekten und kleinen Fischen jagen; vielleicht respektieren sie die Landesgrenze, die mitten im Fluss verläuft …
„An manchen Tagen ist der Himmel sozusagen wie aus blauem Porzellan …“, sagt Erich Kästner in seinem Gedicht „Im Auto über Land“ – heute ist ein solcher Tag. Wir freuen uns über das gute Wetter, über das Radfahren, über uns.
Das österreichische Oberndorf verbindet eine originelle Jugendstilbrücke über die Salzach mit Laufen in Deutschland, das in die Salzachschleife eingeschmiegt daliegt. Der Name kommt von den vielen Stromschnellen (ahd.: luoffo), an denen die Salzschiffer hier ihre Fracht umladen mussten, und so wurde der Ort zu einer Schiffersiedlung mit einer hierarchisch gegliederten Einwohnerschaft gemäß der beruflichen Stellung im Schifferberuf. Bedeutend wurde der Handelsplatz ebenfalls durch die Salzbörse und die Herausbildung einer eigenen Architektur, der Inn-Salzach-Bauweise; das alles verrät WIKIPEDIA.
Auch in Tittmoning gibt es einen weiträumigen Stadtplatz mit farbigen Fronten aus Barock-, Rokoko- und Biedermeierfassaden mit Stuck, Erkern und Medaillons verziert, am Rathaus sogar mit Scharen lorbeerumkränzter Cäsarenbüsten – als Ensemble stimmig und immer noch ein bisschen prunkvoll.
Der Platz lädt ein zu einer kleinen bajuwarischen Wurstverkostung: Weißwurst mit Brez’n und Wollwürste – das sind gebratene Kalbswürste ohne Haut, auch G’schwollene genannt – mit Kartoffel-Gurkensalat, dazu ein frisches Helles. Die anwesenden Einheimischen unterbrechen ihre lautstarke, für uns derb daher kommende Unterhaltung und mustern uns neugierig, nicht nur wegen der Fahrräder, wir sind hier halt Fremde.
Mein hanseatisches Blut (Papa kam aus Hamburg) liegt im Wettstreit mit dem kleinen Anteil an bajuwarischen Würzelchen in mir (Seraphim Sönning, Großvater mütterlicherseits, stammte aus Passau), aber eigentlich ziehe ich zurückhaltendes Understatement dem lauten protzigen „Mia san mia!“ vor.
Beim Abendessen können wir den Wirt und rotgesichtige männliche Stammgäste beobachten, die mit bierschwerer Zunge die heimischen Zustände einschließlich der Weltpolitik diskutieren – zumindest vermuten wir das, denn richtig verstehen wir keinen, nicht nur wegen des bayerischen Idioms.
Unser erster Tag begann süß im Café Tomaselli – und endet mit versalzenen Bratkartoffeln im Gasthof Stockhammer.
Das Salz war also während des ganzen Tages unser Begleiter. Leider verbringe ich eine nicht so gute Nacht unter einer – zumindest gefühlt – zentnerschweren Federdecke.
Karte der 1. Etappe: Salzburg – Tittmoning (Kay) (51 km) ansehen