Mittwoch, 13. Juni 2012

Salzburg

Heute sind wir mit Schirmen und Jacken besser gerüstet für den Schnürlregen, der immer noch gleichmäßig auf Salzburg niederfällt.

Aber egal: Wir machen einen kurzen Gang durch den nassen, von zahlreichen Touristengruppen gefüllten Mirabellgarten und verbringen dann mit anderen Touristen den Vormittag im Café Tomaselli, wo wir in der quirligen Kaffeehausatmosphäre ausgiebig die Tageszeitung lesen.

Der Regen hört auf.

Wir schlendern ein bisschen durch die Altstadt, setzen uns in die warme Mittagssonne, schauen den Fiakern zu. Um 15 Uhr besuchen wir in der Residenz ein kleines Konzert mit Werken von – natürlich – Mozart und einigen seiner Zeitgenossen: Nun ja, es war viel Cembalo …

Anschließend belohnen wir uns im feinen Café Sacher mit Tee und Sachertorte mit Schlag bzw. einer exquisiten Sarah Bernard-Schnitte – das gehört auch zu Salzburg.

Schön ist es, nun bei blauem Himmel und Sonnenschein im Mirabellgarten zu sitzen, die prächtige Bepflanzung zu bewundern und vor allem die vielen internationalen Gäste der Stadt zu beobachten. Es fällt auf, dass der osteuropäische Raum ebenso wie Indien / Pakistan und vor allem Japan / China stark vertreten sind. Wir sind ja auch da.

Nach einem indischen Abendessen packen wir schon mal ein bisschen, denn morgen früh wird die Karawane in den Zug verladen: Um 9.51 Uhr geht es über Frankfurt nach Werdorf, wo wir nachmittags radelnd in die Sudetenstraße zurückkehren werden.

Werner hatte heute schon Sorge, ob er überhaupt noch Fahrrad fahren kann nach einem solch langen Tag der Abstinenz …

 

Dienstag, 12. Juni 2012

Etappe 23

Berchtesgaden – Salzburg = 32 km

Die ganze Nacht über hat es in Strömen geregnet – nein, es hat gegossen wie aus Kübeln. Und heute Morgen überrascht uns das Berchtesgadener Land zum Abschied noch einmal mit blauem Himmel und Sonnenschein!

Ebenso herrlich wie das Wetter ist auch der Mozart-Radweg, der uns jetzt über Markt-schellenberg ins Salzburger Land führen wird. Die Berchtesgadener Ache fließt rechts neben uns, das heißt, sie fließt nicht, sondern strömt, manchmal stürzt sie sogar dahin, an einer Stelle ist eine kleine Brücke nahezu ganz unterspült. Das Wasser ist helltürkis mit weißer Krone, der farbliche Eindruck verbindet sich mit dem Rauschen und Tosen und bietet ein eindrucksvolles Spektakel.

Eigentlich fahren wir nur noch bergab, vorbei an hübsch herausgeputzten Anwesen, umgeben von sattgrünen Hängen, mit einem weiten Blick ins Tal.

Die Sonne versteckt sich allmählich wieder hinter dem aufziehenden Grau des Himmels; wahrscheinlich stimmt die Wettervorhersage, die heute für das Berchtesgadener und Salzburger Land heftige Regenfälle voraussagt.

Von Hellbrunn aus sehen wir die Festung Hohensalzburg, die in luftiger Höhe das Stadtbild von Salzburg überragt. Kilometerlang radeln wir durch eine herrliche Allee von mächtigen alten Bäumen: Kastanien, Eichen, Ahorn und vor allem Linden, deren Blüten ihren wunderbaren lieblichen Duft verströmen.

Als Radfahrer kann man sich in Salzburg sicher bewegen, das Wegenetz ist gut ausgebaut. Wir fahren durch das Zentrum, entlang der Salzach zum Bahnhof, der gerade eine riesige Baustelle ist. Hier informieren wir uns vorsorglich wegen der Rückfahrt, vor allem aber lassen wir uns von der Touristeninfo ein Hotelzimmer in der Nähe besorgen.

Als wir gegen 16 Uhr zum Stadtbummel aufbrechen wollen, regnet es in Strömen: Salzburger Schnürlregen pur! Meine neue Regenjacke kommt gleich zum Einsatz. Mit dem Bus fahren wir ins Zentrum und unser Weg führt uns direkt ins Café Tomaselli am Alten Markt. Hier genießen wir entspannt Tee und Kuchen in historischer Atmosphäre, unbeeinflusst von grellem italienischen Geschnatter, von japanisch-chinesisch lautloser Hektik, mit österreichischem Singsang als Untermalung. Mozart war ja auch schon hier!

Im Café Fürst erstehen wir einige Original Mozartkugeln, die im silbernen Papier mit blauem Aufdruck, bevor wir uns vor dem anhaltenden strömenden Regen in ein Restaurant retten.

Angeblich dauert so ein Schnürlregen mehrere Tage an …

Montag, 11. Juni 2012

Etappe 22

Berchtesgaden – Königssee – Berchtesgaden = 15,5 km

Laut Werner ist das der schönste Abschnitt der Tour, auch wenn es immer wieder ein bisschen regnet!
Entlang der Königsseer Ache, die nach den heftigen Regenfällen der vergangenen Tage reißend und donnernd dahinfließt, nähern wir uns unserem Ziel. Der romantische Weg führt durch einen stellenweise intensiv nach Knoblauch duftenden Wald: Bärlauch wächst hier großflächig.

Nach 1060,5 km stehen wir nun am Königssee! Wahnsinn, oder?
Ein freundliches schweizerisches Ehepaar macht ein paar Erinnerungsfotos von uns beiden mit den Fahrrädern und dem grünen See im Hintergrund.

Mit einem Ausflugsboot fahren wir nach St. Bartholomä, wo wir uns zu Mittag im Fischerstübl frisch geräucherte Forelle und Saibling genehmigen – köstlich! Und zum Abschluss des Abschlusses gibt es Tee und Kuchen bzw. eine heiße Schokolade direkt unter der legendären Bobbahn am Königssee.

Nach der Tour ist vielleicht vor der Tour: Ich kaufe mir in Berchtesgaden – endlich – eine neue Trekkingshose und eine neue, leichte Regenjacke, auf ein Dirndl konnte ich leichten Herzens verzichten …

Abends sitzen wir noch einmal im gemütlichen Gasthaus Bier-Adam bei bayerischem Essen und Trinken und lassen ein bisschen nostalgisch die vergangenen drei Wochen Revue passieren.

Nun läuft es also langsam aus … morgen nach Salzburg!

Sonntag, 10. Juni 2012

Etappe 21

Rottau – Berchtesgaden = 6 km + 90 Minuten Bahnreise

Ein Tag in getrübter Stimmung: Der Dauerregen hat uns eingeholt, und so fassen wir den vernunftgesteuerten Entschluss, eineinhalb Etappen auszulassen: Es geht weiter per Bahn von Bernau nach Berchtesgaden.

Bei Regen und Temperaturen um die zehn Grad fahren wir über einen vermatschten Radweg voller Pfützen zum Bahnhof nach Bernau. Kurz vor elf Uhr verladen wir in
gemeinschaftlicher Anstrengung unsere Ausrüstung in den Zug.

In Freilassing folgt eine Umsteigeübung mit Rädern und Gepäck, die nur zu zweit zu bewältigen war: Verlassen des Zuges über drei hohe Stufen, Treppe runter, Treppe rauf! Allein wäre das nicht schaffen!

In Berchtesgaden empfängt uns strömender Regen, und im Hotel sinken wir erst einmal in komatösen Tiefschlaf. Abends machen wir einen kleinen Bummel durch das Ortszentrum – viele europäische und asiatische Touristen schlendern herum, auch wir sind dabei.

Den ganzen Tag mussten wir uns einer leicht enttäuschten Stimmung erwehren, ein bisschen traurig waren wir ja doch: Das Radfahren fehlte!

Samstag, 09. Juni 2012

Etappe 20

Au bei Bad Aibling – Rottau = 46 km

Die ganze Nacht über hat es ergiebig geregnet. Das Gluckern des Wassers auf dem Dach und in der Dachrinne begleitete uns in der Mansarde, sozusagen auf Ohrhöhe.

Wegen des Regens warten wir morgens noch eine kleine Weile in Anti-Regenmontur mit unseren bepackten Rädern vorm Haus unter dem schützenden Balkon. Dann starten wir in den Tag – und nach knapp einer halben Stunde hört der leichte Regen auf, also Regenhose aus. Allerdings bleibt es kühl, also Handschuhe an.

Durchdringender Güllegeruch begleitet uns. Vor vielen Bauernhöfen gibt es Jauchegruben und Misthaufen, und der Gestank von Silage, die als Viehfutter in großen weißen Ballen lagert, ist eigentlich mehr als unangenehm: Die Milchviehwirtschaft hinterlässt durchaus ihre olfaktorischen Spuren in der Landschaft!

Einige Kilometer nach Bad Feilnbach überqueren wir vor Altenmarkt den Inn, fahren über Rohrdorf bis Frasdorf in nur geringer Distanz zur Autobahn München-Salzburg.

Beim Dorfwirt Vornberger in Neubeuern erliegen wir in der gemütlichen Gaststube der Verführung, nicht nur einen Kaffee zu trinken, sondern auch eine Kleinigkeit zu schnäubeln: Ich lerne leckere Brezenknödel kennen! Allerdings vergeht darüber eine – wie sich wenig später herausstellt – wertvolle Stunde der Trockenheit!

Wir radeln nun in strammem Tempo weiter, aber dann ist es doch soweit: Der Regen holt uns zum ersten Mal ein! Nun kommt unsere gesamte Regenkleidung zum Einsatz; einigermaßen vor den heftigen Güssen geschützt treten wir eifrig in die Pedale. Werner hat sich ein graues Regencape übergezogen, das sich beim Fahren voll aufbläst, darüber den Helm mit der roten Regenhaube. Von hinten sieht er fast aus wie Benjamin Blümchen auf großer Fahrt … Mich selbst in meiner Montur habe ich ja nicht im Blick …

Der strömende Regen veranlasst uns zu einer weiteren  Kaffeepause in Aschau, wo wir beschließen, im nahe gelegenen Rottau die heutige Tour abzubrechen.

Zwei triefnasse radelnde Wesen erreichen das Café-Gasthaus König. Wir pellen uns aus den verschiedenen nassen Schichten und hängen alles zum Trocknen in unserem winzig kleinen Zimmer unterm Dach auf.

Und dann – eigentlich unerhört – nach einer Stunde scheint wieder die Sonne, jedoch nur kurzfristig, denn später regnet es die ganze Nacht durch!

Nach einem leckeren Abendessen schreiben wir zusammen ein bisschen am Reisetagebuch, dann ruft die Koje.

Freitag, 08. Juni 2012

Etappe 19

Gmund am Tegernsee – Au bei Bad Aibling = 42 km

Wir fahren bei strahlendem Sonnenschein los, es ist schwülwarm nach dem Regen der vergangenen Nacht.

Um einen Eindruck vom Ort zu bekommen, radeln wir einmal kurz durch Gmund: Es ist ein kleines Nest, ohne große Einkaufsmöglichkeiten, nahezu unberührt von Umtrieben touristischer Art trotz seiner herausragenden  Lage am Tegernsee! Auf dem winzigen Dorfplatz steht ein bizarres Denkmal für Ludwig Erhard, Sohn der Stadt: Sein runder Kopf ragt golden aus einer gebogenen länglichen Scheibe aus Edelstahlblech hervor, in der Hand hält er die unvermeidliche Zigarre.

Weiter geht es Richtung Hausham, wo städtische Betriebsamkeit herrscht und ich endlich ein paar Einkäufe erledigen kann. Bis zum Ort Schliersee begleiten uns heftiger Autoverkehr und lautes Motorradgedröhne. Der Radweg führt am östlichen Ufer des Sees entlang, wo zahlreiche Spaziergänger mit und ohne Hund und andere Radfahrer unterwegs sind. Wir picknicken direkt am Wasser.

Über Neuhaus, Fischbachau geht es über einen weiteren Bergrücken nach Sonnen-reuth. Von dort aus steuern wir Au bei Bad Aibling an für eine Übernachtung in der Pension Riedlhof.

Die heutige Strecke steht unter dem Motto: Kuhten Tag! Es riecht überall äußerst landwirtschaftlich nach Rindern, auf den Radwegen müssen wir zahlreichen Kufladen ausweichen und leider setzt sich diese olfaktorische Note bis in unsere Unterkunft fort.

Wir haben uns für heute auf diese kürzere Tour geeinigt, denn ich fühle mich müde, matt und erschöpft. Aber kein Wunder: Just in der Einfahrt zur Pension erreichen wir die 1000 km-Marke! Darauf stoßen wir natürlich mit einem Gläschen Sekt an und sind stolz
(und müde …)!

Dunkel aufziehende Wolken bringen gegen 16 Uhr ein kurzes, heftiges Gewitter mit, aber wir sitzen im Trockenen. Da stellt sich vielleicht die Frage: Wer ist eigentlich wasserscheu: wir oder unsere Fahrräder? Bisher hatten wir wirklich Glück mit dem Wetter und mussten noch keinen Regen beim Fahren aushalten – mal sehen, wie es weitergeht …

 

 

Donnerstag, 07. Juni 2012

Etappe 18

Ohlstadt – Gmund am Tegernsee = 62 km

Direkt vor unserem Hotel zieht die örtliche Fronleichnamsprozession mit Gesängen und Gebeten vorbei: Männer, Frauen und Kinder der teilnehmenden örtlichen Vereine sind in festliche Tracht gekleidet und schreiten mit tiefen Ernst  dahin. Der Wegesrand ist mit frischem Buchengrün geschmückt. In vielen Dörfern sind häufig blumengeschmückte Altäre im Freien aufgebaut, aus den Fenstern der Pfarreien hängen leuchtende rote Tücher.

Später fahren wir in Kochel am See am Museum von Franz Marc vorbei, was ich ein bisschen bedauere, aber wir sollen ja auf der Strecke vorankommen wollen. Nach den Allgäuer Alpen bewegen wir uns nun in den Ammergauer Alpen.

In Benediktbeuern ist allerdings ein Stopp im Biergarten des Klosters drin: Wir probieren die legendären Weißwürste mit süßem Senf und schauen den vielen fröhlichen Menschen zu, die den Feiertag bei diesem herrlichem Wetter genießen. Die meisten waren sicher bei der hiesigen Prozession dabei, die zu den größten in Bayern zählen soll.

Über Bad Heilbrunn fahren wir weiter nach Bad Tölz; dort im Kurpark nehmen wir ein kleines Picknick mit Käse und Radieschen ein.

Wir überqueren die Isar und biegen in die Marktstraße ein, wo es die Häuser mit den Lüftlmalereien aus der Barock- und Rokokko-Zeit zu bewundern gibt.

Hinter Bad Tölz fahren wir vor malerischer Alpenkulisse durchs Moos, das hier eine stimmungsvolle Spätnachmittagsatmosphäre schafft.

Dann geht es entlang der Großen Gaißach durch den Wald: eine nahe 10 km lange miserable Strecke auf Kies und Schotter, ausgewaschen, steil, sehr anstrengend zu bewältigen – ein Kräfte zehrender Aufstieg bis nach Marienstein.

Vor Gmund bietet sich uns vom Radweg aus ein wahrhaft beeindruckender Blick auf den Tegernsee, fast ein bisschen wie aus einem Urlaubsprospekt. Im Gasthof Am Gasteig nehmen wir Quartier; später beim Abendessen (Schweinsbraten mit Knödeln und Salat sowie Kaiserschmarrn) mit Blick auf den See ist es lauschig-warm, bis gegen 22 Uhr heftiger Sturm aufkommt, der ein Gewitter mit sich bringt.

Es regnet bis zum Morgen.

 

 

Mittwoch, 06. Juni 2012

Etappe 17

Schwangau – Murnau – Ohlstadt = 62 km

Das bikeline-Radtourenbuch schreibt: „Ruhige Dörfer, saftige Wiesen und urige Moore – der Bodensee-Königssee-Radweg führt Sie durch eine abwechslungsreiche, wunderschöne Landschaft mit Blick auf das imposante Bergpanorama des Werden-felser Landes.“  (S.53 f)

Stimmt!

Wir fahren durch das Naturschutzgebiet am Bannwaldsee, über Halblech, Trauchgau, Bad Kohlgrub, mit einem kleinen ungewollten Schlenker sogar an der Wieskirche vorbei.

Später durchqueren wir das geschützte Murnauer Moos, das größte zusammenhängende Moor Mitteleuropas: Wir entdecken zahlreiche Orchideen, Sibirische Sumpfiris, große Flächen von leuchtend-weißem Wollgras, rosarote Kuckuckslichtnelken …

In Murnau sehen wir uns im Schlossmuseum die Dauerausstellung zur Malerin Gabriele Münter an, die hier lange Jahre lebte und arbeitete und zur Gruppe Der Blaue Reiter um Wassily Kandinsky und Franz Marc gehörte, die in dieser Gegend ebenfalls künstlerisch aktiv waren. Ein weiterer Schwerpunkt im Museum ist die Dokumentation zum Leben von Ödön von Horváth, der in den 1920er und 1930er Jahren in Murnau lebte, mit den Malern eng freundschaftlich verbunden war und vieles zu Murnauer Lokalitäten, Ereignissen und Personen in seinen Werken verarbeitete.

Dieser kulturelle Abstecher bringt eine durchaus willkommene Abwechslung vom Radeln!

Nun ist der Nachmittag schon vorangeschritten, so dass wir uns um ein Quartier im nahe gelegenen Ohlstadt bemühen.

Der Himmel zeigte sich den ganzen Tag über zunehmend bedeckt und grau, es war leicht kühl, jedoch trocken – bis auf kurz vor Ohlstadt leichter Regen aufkommt und meine Regenjacke zum erst Mal zum Einsatz kommt.

Es scheint, dass sich die aus vielen Kilometern resultierende Müdigkeit langsam addiert hat. Auf jeden Fall sind wir nicht mehr sehr unternehmungslustig und nach dem Abend-essen ist unser Programm  beendet …

 

Dienstag, 05. Juni 2012

Schwangau

Welch ein Luxus-Tag: Faulenzen pur ist angesagt!

Nach einem trödeligen Vormittag machen wir uns zu Fuß auf in die nahe gelegene Königliche Kristall-Therme, wo wir im wahrsten Sinn des Wortes eintauchen ins Nichtstun. Auf uns warten verschiedene Saunen, Solebäder, Natronbäder, Bäder drinnen und draußen …

Die Anlage ist riesig groß, bayrisch-barock gestaltet, König Ludwig II. und die Schwäne sind als Motive überall präsent, Lüster, Wandbilder und Skulpturen aus Bergkristall und andere Halbedelsteine vermitteln prunkvollen Glanz, ein Wiener Kaffeehaus lädt zum Zeitungslesen ein, eine Nische ist möbliert mit Chaiselongue und brokatbezogenen Sesselchen …

Bei strahlendem Sonnenschein liegen wir im Sauna-Anzug im Liegestuhl …

Im Hintergrund ragt Neuschwanstein ins Blickfeld, das wie von Christo verhüllt in einem Baugerüst auf Renovierung wartet, etwas weiter rechts liegt Hohenschwangau leicht gedrungen am Hang.

Diesen Ruhetag haben wir nötig – morgen geht’s wieder weiter.

Montag, 04. Juni 2012

Etappe 16

Mittelberg – Schwangau = 37 km

Vom Balkon unseres nostalgischen Gasthofs reicht der Blick heute Morgen nicht allzu weit – eine dichte Regenwand umschließt das Dörfchen. Die Frage lautet: bleiben oder weiterfahren? Also frühstücken wir erst mal in aller Ruhe und lesen die neuesten Allgäuer Nachrichten.

Als einigermaßen wetterfeste Radler entschließen wir uns dann doch zur Weiterfahrt – und es bleibt trocken. Der Himmel ist zunächst noch ein wenig bedeckt, reißt aber bald auf. Das wässrige Allgäu ist zwar feucht (es regnet zurzeit nachts!) und auch ein bisschen kühl (heute früh trage ich Handschuhe beim Fahren) – die Sonne lässt sich jedoch durchaus blicken, auch wenn sie Wärme in eher bescheidenem Maße abgibt.

Auf den saftigen Almwiesen weiden frisch gewaschene samtige Kühe, die meisten tragen Glocken um den Hals, deren Geläute uns durch den Vormittag begleiten. An manchen Hängen stehen schneeweiße, ebenfalls frisch gewaschene Schafe mit gesenkten Köpfen und fressen und fressen. Vor dem dunkelgrünen Gras leuchten sie von weitem wie dicke Wollknäuel auf Beinen.

Der Weg führt gemäßigt bergan, eher bergab. Wir kommen durch Nesselwang, Hopferau, trinken am touristisch ausgebeuteten Hopfensee einen Kaffee, hinter Füssen radeln wir nach Schwangau, wo wir uns im Hotel Helmer für zwei Nächte einmieten.

Auf dem Balkon unseres Zimmers genießen wir erst mal entspannt den Blick auf das bayrische Panorama und trinken mit Genuss ein König Ludwig Dunkel. Ich bin heute müde und verfroren und froh über die Aussicht auf einen erholsamen fahrradfreien morgigen Tag.

Sonntag, 03. Juni 2012

Etappe 15

Stiefenhofen – Mittelberg = 52 km

Heute haben wir beinahe verschlafen: Erst um 9.13 Uhr (!) wachen wir beide mit dem Gefühl auf, der Tag könnte bereit sein für uns … und eigentlich haben wir es mit dem Frühstück nicht unbedingt eilig, denn: Es regnet in Schnüren!

Das Verstauen unseres Gepäckes dauert wie immer eine kleine Weile, und um 11 Uhr, als wir und Fahrräder wasserdicht verpackt sind, geht’s los – bei zunehmend aufklarendem Himmel! Unglaublich, aber wahr: Nach einer Stunde auf dem Rad muss ich meine Regenschutzkleidung ausziehen, weil sie nass vom Schwitzen ist! Wir haben ideales Wetter zum Radfahren: trocken, nicht zu kühl, nicht zu warm, kein Wind!

Unser Weg führt uns vorbei an Oberstaufen, am Großen Alpsee, nach Immenstadt, weiter nach Rettenberg, dann steil bergauf am Rottach-See vorbei, nachmittags überwinden wir bei Haag die größte Höhe des Radwegs mit 988 m.

In Oy genehmigen wir uns ein Stück leckere Sahnetorte bzw. eine heiße Schokolade, und dann geht es doch noch einmal bergan nach Mittelberg, wo wir im Gasthaus Krone ein sympathisches Quartier finden. Jetzt sind wir auf 1036 m Höhe über dem Meer, unsere Räder dürfen im Skistall stehen – und just, als wir unser Gepäck ins Haus tragen, fängt heftiger Regen an, der schräg über das Dorf peitscht!

Wir sitzen im Trockenen und es geht uns gut – wir sind zwar müde, aber auch ein bisschen stolz auf uns: Immerhin haben wir heute den höchsten Punkt der Radtour erreicht, von nun an geht’s mehr oder weniger bergab.

Die Gaststube ist gemütlich, das Essen gut, die Menschen „authentisch“ (wie man heute sagt).